Denkenswertes
15 Erkenntnisse aus dem 1. Ehejahr
Seit gut einem Jahr sind mein Mann und ich verheiratet. Wohnung kaufen, renovieren, zusammenziehen und -leben, Schwangerschaft und Fehlgeburt und eine zweite Schwangerschaft (mittendrin) waren die großen Meilensteine bis jetzt. Ich würde unsere Beziehung als prinzipiell sehr schön und friedlich bezeichnen – 90 % harmonisch und 10 % hormonisch. Inspiriert von meiner lieben Freundin Christina Walch (www.christinawalch.com), die vor gut einem Jahr ihre Erkenntnisse aus dem ersten Ehejahr aufgeschrieben hat, habe auch ich eine Liste von meinen persönlichen Erfahrungen und Erkenntnissen zusammengestellt:
1. In einer Ehe bleibt NICHTS verborgen
Nichts von deiner Persönlichkeit bleibt in einer Ehe unentdeckt. Du kannst deine schönsten Seiten ausleben, deine Fürsorge, kannst deine Liebe jemandem schenken, dem anderen zuhören, ihm beistehen, für ihn Dinge machen, die dir eigentlich keinen Spaß machen, aber du weißt, dass du ihm damit eine Freude machst…. Und deine furchtbarsten Seiten kommen zum Vorschein, deine Depscher (hier: österr. für Wunden), auch alles, was du selber nicht an dir magst - und der andere sieht das auch noch, wie schrecklich! Und weist dich noch deutlichst auf deine Schwächen hin, noch schrecklicher! Zum Beispiel dass du, also ich, gerade ziemlich viel ungesundes Zeug futterst, du egoistisch bist und dich ungerechtfertigt ärgerst… Ich würde am liebsten diese Dinge vorm andern verheimlichen. Aber: Wenn du eine ehrliche und authentische Beziehung leben willst, bedeutet das: es bleibt nichts verborgen.
2. Ein Hauptgrund für Streit: Mein Mann tut nicht das, was ICH gerade will
Klingt nach „no net na na“ (österr. für „ist ja eh klar“), aber so ist es oft. ICH habe mir eingebildet, die Situation muss jetzt genau so sein, wie ICH sie will – blöderweise hat er gerade nicht erraten, was ICH jetzt will und kanns mir daher nicht recht machen; oder will es nicht tun. Im ersten Moment geb ich ihm dann die Schuld für meinen Grant… aber naja, es ist halt doch nur „Du tust nicht das, was ICH gerade will“ (ist ja auch nicht seine Aufgabe).
3. Ich muss mich teilweise dazu zwingen, ihm Freiraum zu lassen – aber es bringts
Für viele Dinge hab ich keine konkrete Vorstellung, wie sie unbedingt sein müssen, aber bei manchen Sachen würd' ich's doch recht genau „wissen“ (z.B. wie man den Glauben gut lebt, welche Entwicklungsschritte als nächstes für meinen Mann dran wären *räusper* etc.). Und auch wenn ich manchmal nicht ganz falsch liege, mit dem, was gut (für ihn) wäre: es muss dabei bleiben, nur Vorschläge zu machen. Und das war's dann. Aushalten, dass er's nicht (gleich) umsetzt.
4. Eine Fehlgeburt tut weh, hat aber auch was Schönes
Wir sind gleich nach unserer Hochzeit schwanger geworden, und waren in der 7. Schwangerschaftswoche beim Frauenarzt. Da war das Baby 0,5 cm groß und wir haben schon seinen Herzschlag gesehen und gehört (das war eine krasse Erfahrung). Der Arzt hat gemeint, es wäre noch ein bisschen klein, wir sollen in zwei Wochen nochmal kommen. Bei diesem Termin haben wir dann keinen Herzschlag mehr gesehen oder gehört. Das war ein grausiger Moment. Enttäuscht. Überrascht. Nicht glauben können/wollen. Wir haben zwei Tage lang sehr intensiv getrauert, viel geweint, auch die nächsten Tage/Wochen immer wieder. So schmerzhaft das alles auch war, es hat insofern auch was Schönes gehabt, als dass mein Mann und ich den gleichen Schmerz gehabt haben. Es hat uns näher zueinander gebracht und uns tiefer verbunden. Bei anderen Verlusten, z.B. einem Beziehungs-Aus leidet einer ja meistens deutlich mehr als der andere.
5. Schwanger zu sein (und dann ein Kind zu haben) ist schon ein ziemlicher Lebenseinschnitt
Das hab ich zwar schon immer gewusst, aber was es wirklich bedeutet, versteht man dann erst im Moment (klar!). Für den Mann geht das Leben (vom Äußeren her) doch recht ähnlich weiter, für die Frau ist es schon ein großer Einschnitt ins (Berufs-)Leben. Und: So schön das Schwangersein ist (Vorfreude, das Baby spüren, eine süße Kugel zu haben, viele andere freuen sich mit), so entwürdigend und mühsam kann es sein (mir war ständig schlecht und ich war schlapp, viele tolle Sachen muss man absagen, eigenartige Körpergeräusche, das Immunsystem fährt sich runter und man ist anfälliger für Infektionen, etc.).
6. Es ist so viel toller, sich mit schönen, geistigen Dingen zu beschäftigen, als mit kochen, waschen & putzen
Ich wäre gerne eine Frau, die darin aufgeht, ihren Mann jeden Tag zu bekochen, ihn zu umsorgen und leichtfüßig als Putzfee durch die Wohnung zu fliegen. Naja. Diese Leidenschaft ist leider winkend an mir vorübergegangen . Es ist so viel bereichernder, Freundinnen zu treffen, ein schönes Buch zu lesen oder einen Blogeintrag zu schreiben als den Geschirrspüler auszuräumen, die Betten zu überziehen und das Bad zu putzen. Oft denk ich mir: freut mich das jetzt? – nein, überhaupt nicht. – mach ichs trotzdem? – ja.
7. Arbeit an der Persönlichkeit und Therapien zahlen sich aus
Aber sowas von! Ich bin so dankbar für jede einzelne Beratung, jedes Seminar, jedes Buch, das mir dabei geholfen hat, mich besser kennen zu lernen und mit dem umzugehen, wenn ich wieder mal nicht das tu, was ich will. Vor Jahren habe ich eine Therapie begonnen, unter anderem mit dem Hintergedanken: ich möchte jetzt an mir arbeiten, damit ich meinem zukünftigen Partner und meinen Kindern möglichst wenig von meinen Wunden und Ängsten weitergebe. Mein geistiger Begleiter hat, wenn ich von meinem Partnerwunsch gesprochen hab, immer wieder gemeint: "Wird schon kommen! Solang's noch nicht so ist, arbeitest du einfach weiter daran, eine gute Partnerin zu werden."
Einige Perlen, die mir besonders geholfen haben, sind: Seminar der Insight Focused Therapy (auf Achtsamkeit basierend), Seminare zur Gewaltfreien Kommunikation, Ausbildung zur psychosozialen Beraterin (Logotherapie nach Viktor Frankl), Wochenende: Women’s Walk with Christ, (auch für Männer), Seminar zur Heilung der Lebensgeschichte. Besonders dankbar bin ich, dass mein Mann, bevor wir uns kennen gelernt haben, ähnlich an sich gearbeitet hat und wir daher wissen, wovon der andere spricht.
8. Liebe ist das Schönste!
Ich habe mich vor 9 Jahren bewusst für den Glauben an Jesus und das Christentum entschieden – was ich daran so gern mag, ist, dass es eigentlich nur um die Liebe geht – in ihren unglaublich vielen Facetten. Die Liebe in der Form zu leben, wie es uns als Ehepaar geschenkt ist, ist wunderschön. Sich fallen zu lassen, und angekommen zu sein. Wir sind seit ein paar Monaten wieder in einer Phase, wo wir uns besonders aneinander freuen – es ist toll, wenn zu der Entscheidung zu lieben auch die Gefühle dazu geschenkt werden. Dass Liebe nämlich auch viel mit Entscheidung zu tun hat, war mir als alter Romantikerin nicht immer ganz klar.
Mich beschäftigt oft die Frage: was heißt es, zu lieben? Der Tag hat ja 24 Stunden, da passiert viel. Und das Ziel wäre ja, immer zu lieben. Was heißt es, zu lieben, wenn ich gerade nicht will, wenn es mir schlecht geht, wenn mein Mann etwas tut, was schlecht für ihn ist, das aber außerhalb von meinem Einfluss liegt, wenn ich mich bewusst für etwas entscheide, von dem ich weiß, dass es nicht gut ist…? Auch wenn ich weiß, dass ich die volle Erkenntnis und Fähigkeit hier auf Erden nie haben werde, lohnt es sich doch, sich immer wieder nach der Liebe auszustrecken – auch wenn ich 100x am Tag „rausfalle“.
9. Es ist wichtig, genug gemeinsam zu haben, und genug Eigenes zu haben
Es ist schön, vieles zu teilen (Interessen, Hobbies wie Berggehen und Reisen, das Bett, die elektrische Zahnbürste, Küche und Wohnzimmer, den Wunsch nach Kindern), und es ist ebenso wichtig, nicht nur in der Gemeinsamkeit aufzugehen. Ich ertappe mich manchmal dabei, mich an seinen Lebensrhythmus anzupassen, und brauche dann wieder Zeit und Raum, um wieder neu zu entdecken, wie ich das eigentlich will (wann ist meine Hauptmahlzeit? Wie tuts mir eigentlich gut, dass ein Morgen/Schlafengehen abläuft…). Vor der Hochzeit habe ich 14 Jahre lang in WGs gelebt (und es geliebt), und ich muss mich immer noch daran gewöhnen, kein eigenes Zimmer zu haben (wo man die Tür hinter sich zumacht, wo es so aufgeräumt/chaotisch ist, wie man es selber gerne haben möchte und wo man sich mit niemandem besprechen muss).
10. Nicht nachtragend zu sein ist ein wunderbares Geschenk
Ich bin teilweise sehr sensibel und auch leicht genervt, wenn mir was nicht passt. Zum Beispiel hör ich (aufgrund meiner eigenen Wunden aus der Vergangenheit) von meinem Mann oft zwischen den Zeilen die Message: Du bist dumm. Du bist eine schlechte Ehefrau. Das ist nicht genug, was du machst. (Auch, wenn er es meistens gar nicht so meint oder sagt).
Durch die Arbeit an mir selber (siehe oben), kann ich diese Gedanken gottseidank recht schnell entlarven und bei mir bleiben und es nicht auf meinen Mann übertragen - im besten Fall… Im nicht so guten Fall bin ich dann grantig und patzig oder höre auf zu reden, weil ich ihn nicht beleidigen will. Spätestens 10 Minuten später folgt dann eine konkrete Entschuldigung (Entschuldigung für den „Trottel“, das Türe knallen etc.), mein Mann nickt und sagt „Danke“… und das wars dann. Kein: „Ja aber du hast doch vorige Woche…“ Und das gleiche weiß er auch von mir, dass ich ihm später nix vorhalte.
11. Schlafen gehen und aufstehen sind zwei der schönsten Momente am Tag
Die Alltagssorgen sind dann nicht mehr da (keine ernsten Gespräche und kein Handy und nix Organisatorisches im Bett), und es ist schön, den Tag auszuklingen lassen mit „Was waren deine Highlights heute, deine Lowlights, worauf bist du stolz?“ (besonders, wenn man den Tag miteinander verbracht hat, ist es schön, zu hören, was aus der Sicht des Partners toll/nicht so toll war) oder manchmal einem gemeinsamen Gebet mit Bitte und Danke. Und Aufstehen ist auch schön, weil der Tag noch nicht so richtig begonnen hat und wir uns anstrahlen und gleich mal aneinander freuen.
12. Gemeinsam zu beten stärkt uns als Paar
Lebe so, als würde alles von dir abhängen, und bete so, als würde alles von Gott abhängen. Diesen Spruch hab ich mal wo gelesen, und ich mag ihn sehr. Er überträgt mir die Verantwortung für mein Leben, es sinnvoll und gut zu gestalten; und dann merke ich, wie viele Situationen es gibt, die ich nicht in der Hand habe. Ich empfinde es als sehr entlastend und schön, abends gemeinsam mit meinem Mann Gott die Situationen zu bringen, die uns wichtig sind, über die wir aber keine oder nur wenig Kontrolle haben (z.B. als die Fehlgeburt passiert ist oder jetzt die neue Schwangerschaft, unsere Eltern, Geschwister, die Selbstständigkeit meines Mannes…).
13. Ich merke oft, wie „klein“ ich bin und denke
Ich wäre gerne nur liebevoll und fürsorglich und ausgeglichen, perfekt in Balance zwischen Geben und Nehmen, Nächstenliebe und Eigenliebe, …. sprich, einfach eine wunderbare (Ehe)Frau! Naja. Und dann ertappe ich mich dabei, wie ich mir überlege, wie ich meinen Mann dazu bringen könnte, dass er GENAU das tut, was ich will. Oder ich ärgere mich über Kleinigkeiten, wie z.B. warum das Glas vom Vorabend noch dasteht.
14. Unglaublich, wie viele Dinge man ausdiskutieren muss
Wenn zwei gereifte Persönlichkeiten aufeinander treffen, die zu vielem eine Meinung und Vorstellung haben, gibt es wirklich viel, was man aufeinander abstimmen muss. Und auch wenns manchmal wie Minidinge wirken – es sind keine Minidinge, weil meistens ein Wert dahinter steht. Z.B. bleibt die Wohnung über Nacht offen oder zu? 1 Konto, 2 oder 3 Konten? Wie viel Geld ist gemeinsam, wie viel hat jeder für sich? Wie oft kochen wir? Wer macht was im Haushalt? Wie sparsam/verschwenderisch leben wir? Schlafen wir bei offenem oder geschlossenem Fenster? Wie warm (ich: sehr) soll es in der Wohnung sein? Ist das Hauptessen zu Mittag oder am Abend? Beim Zusammenziehen: welchen Mixer behalten wir? Sexualität: wie, wie oft, wann? Wie feiern wir Weihnachten, Geburtstage? Wie viel Platz haben unsere Herkunftsfamilien?
Unser Traupriester hat uns in der Ehevorbereitung gesagt: ein Ehepaar muss man im 1. Ehejahr sehr viel allein lassen, die haben viel auszumachen.
Und das stimmt, es braucht viel Geduld und gute Kommunikation und Kompromisse, wenn man sich nicht mit einem faulen Frieden zufrieden geben will und ein gutes Zusammenleben möglich sein soll.
15. Verheiratet sein ist das Beste
In Beziehung zu sein war schön, verlobt sein nochmal schöner, aber verheiratet sein ist das Beste. Ich vermute mal, weil es so ein lang ersehnter Wunsch war und mir ein toller Partner geschenkt worden ist. Außerdem ist so eine ausschließliche Entscheidung füreinander so was Großes, was Starkes, ich kann mich ganz schenken und muss nicht bei jedem Streit befürchten, dass er mich verlässt. Karriere war mir nie wichtig, mein wichtigstes Ziel war immer: ich möchte gerne einen Mann, und mit ihm Familie. Und dann hab ich mir (damals mit 15 und die Jahre darauf) auch wirklich überlegt, was ich zur Erreichung dieses Ziels beitragen kann: an mir arbeiten und mich kennen lernen, für einen gscheiten Mann beten, weil ja doch nicht alles in meiner Hand liegt, mich nicht durch die Gegend schlafen, damit ich nicht ungewollt schwanger werd und mir eine Checkliste machen, wie er sein soll (lieb, gescheit, stabil und Christ – obwohl Christ immer das Luxuskriterium war). Und dann, „nur“ 18 Jahre später, wars dann endlich soweit. Bin sehr dankbar. (Ich leide jetzt übrigens total mit den ungewollten Singles mit, weil ich das selber so gut kenne).
Was sind deine Gedanken, Erfahrungen, Fragen dazu? Erkennst du dich in manchem wieder? Oder ist das bei dir ganz anders? Freue mich über deine Geschichte, deine Fragen. Oder bereitet dir gerade irgendetwas Kopf- und Herzzerbrechen und du hättest gerne professionelle Unterstützung dabei? Schreib mir: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder über das Formular